Kaninchen
Futter

Viviann Peters
Tierärztin
„Mama, Mama, Balou ist nicht wie sonst zum Fressen gekommen!“ Aufgeregt rennt die kleine Ida zu ihrer Mutter. „Ach Ida, Balou ist bestimmt nur müde, wir geben ihm einfach später noch mal etwas.“
Die Familie geht ihren Alltag nach, Ida geht in die Schule, Mutter und Vater zur Arbeit. Am frühen Nachmittag kommt Ida aus der Schule und geht sofort zu Balou. „Mama, Balou liegt nur noch da und bewegt sich nicht!“ Geschockt sieht Idas Mutter nach. Panisch stupst sie ihn an, erschöpft hebt er daraufhin ein wenig den Kopf. „Wir müssen mit Balou zum Tierarzt“, sagt sie ihrer Tochter.
Wenig später wird Balou von einer Tierärztin untersucht. Ida sieht den kritischen Blick der Tierärztin. „Balou wird doch nicht sterben, oder?“ fragt sie mit einer weinerlichen Stimme. Besorgt schaut die Tierärztin Idas Mutter an. „Ich will ehrlich zu dir sein, Ida. Balou geht es sehr schlecht. Seine Körpertemperatur ist viel zu niedrig, sein Magen extrem aufgegast. "Wir müssen ihn unbedingt intensivmedizinisch betreuen und selbst dann müssen wir hoffen, dass Balou es schaffen möchte.“ „Bitte, bitte helfen Sie Balou!“ Wieder wendet sich die Tierärztin an Idas Mutter: „Wir können es gerne versuchen, das wird aber nicht günstig werden.“ Idas Mutter sieht ihre verzweifelte Tochter an und stimmt schließlich der Behandlung von Balou zu.
Balou wird auf eine Wärmedecke gelegt, bekommt einen Zugang geschoben, über den er Infusion zugeführt bekommt. Er bekommt Medikamente gegen Schmerzen und etwas, das den Magen-Darm-Trakt wieder anregt. Zudem wird ihm über eine Magensonde das Gas aus dem Magen entfernt. Sobald er wach genug ist, wird er alle zwei Stunden mit einem Päppelbrei gefüttert, was zusätzlich mit einem Medikament zur Bindung des Gases angereichert wird. Da es mittlerweile Abend ist, müssen Ida und ihre Eltern Balou abholen. In der Praxis ist über Nacht niemand da, weshalb die Betreuung zu Hause weitergeführt werden muss. Idas Mutter stellt sich alle 2 Stunden den Wecker, päppelt Balou und kontrolliert, dass er immer noch ausreichend warm ist. Am nächsten Morgen geben sie Balou wieder in der Praxis ab, er bekommt erneut Infusion, es wird ein Kontrollröntgenbild gemacht. Die Aufgasung ist zurückgegangen. Balou wird auch munterer und fängt an ein wenig eigenständig zu fressen. Zufrieden übergibt die Tierärztin am Abend Balou der kleinen Ida. „Du hast da einen richtigen Kämpfer!“ Glücklich nimmt Ida Balou entgegen, während ihre Mutter die Rechnung begleicht. Idas Mutter schluckt schwer. „Kommen Sie das nächste Mal, wenn Balou komisch ist, bitte direkt. Vieles lässt sich zu Beginn viel leichter therapieren." Gibt ihr die Tiermedizinische Fachangestellte am Empfang noch mit auf den Weg.
Notfall oder nicht?
Diese und ähnliche Geschichten erlebt man als Tierarzt fast tagtäglich in der Praxis, wenn man Heimtiere behandelt. Viele Besitzer denken, dass mal eine Mahlzeit auszulassen nicht so schlimm sein kann. Sie übertragen es von sich selbst oder auch von Hunden und Katzen. Jedoch haben Kaninchen und Meerschweinchen einen ganz anderen Verdauungstrakt, sie besitzen einen sogenannten Stopfmagen. Dies bedeutet, dass sie zwingend fressen müssen, damit der Magen auch arbeitet. Kommt kein Futter mehr nach, verringert sich die Magen-Darm-Aktivität. Die zahlreich vorhandenen Bakterien vor allem im Blinddarm fermentieren allerdings weiter und produzieren somit eine große Menge Gas. Da Kaninchen und Meerschweinchen kaum aufstoßen oder rektal Gas entweichen lassen können, sammelt sich das gesamte Gas im Verdauungstrakt an. Dies führt sehr schnell zu einer Destabilisierung des Kreislaufes mit Schockzustand, was sich in Form von Apathie und Untertemperatur zeigt. Dieser Zustand ist lebensbedrohlich und muss umgehend tierärztlich versorgt werden. In dem oben genannten Beispiel ist es für Balou gut ausgegangen, jedoch hätte der kritische Zustand vermieden werden können, wenn direkt am Morgen, als Balou nicht fressen wollte, gehandelt worden wäre. Ein Kaninchen oder Meerschweinchen, welches nicht frisst, sollte daher schnellstmöglich tierärztlich untersucht und behandelt werden.
Welche Ursachen gibt es?
Jede erdenkliche Erkrankung kann zu Inappetenz führen. Häufige Beispiele sind:
Zahnerkrankungen
Schmerzen
Blasenentzündung/Blasengries
Infektionen
Verstopfungen, Haarballen
Aufgasung durch falsche Fütterung
Somit muss bei einem inappetenten Kaninchen immer eine umfangreiche Untersuchung stattfinden, um die zugrundeliegende Ursache herauszufinden.
Wie erkenne ich überhaupt, dass mein Kaninchen nicht (ausreichend) frisst?
Auf den ersten Blick wirkt es wie eine einfache Frage, jedoch nur dann, wenn das Kaninchen offensichtlich das Futter verweigert. Viele kommen aber zunächst noch zur Fütterung oder sitzen den Großteil des Tages in dem angebotenen Heu und mümmeln vor sich hin. Die entscheidende Frage ist, ist das, was das Kaninchen aufnimmt, ausreichend? Und hier wird es schwieriger, vor allem, wenn mehrere Kaninchen zusammengehalten werden (wie es sein sollte). Da man schlecht das Futter abwiegen und über den Tag beobachten kann, welches Kaninchen welchen Anteil gefressen hat, ist die beste Überprüfung die regelmäßige Gewichtskontrolle. Am besten sollte bei jedem Kaninchen einmal in der Woche immer zur gleichen Tageszeit das Gewicht kontrolliert werden. Besteht auch nach mehrmaliger Kontrolle eine Tendenz der Gewichtsabnahme, ist dies ein klares Indiz, dass weniger Futter aufgenommen wird.
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